Zur Aufklärungspflicht bei Anlageberatung über den Erwerb von Investmentzertifikaten

LG Hamburg, Urteil vom 23.6.2009, 310 O 4/09

Zur Aufklärungspflicht bei Anlageberatung über den Erwerb von Investmentzertifikaten 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 10.100,00 nebst Zinsen in Höhe von 4% p.a. vom 27.12.2006 bis zum 31.10.2008 und ab dem 01.11.2008 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, Zug um Zug gegen Übereignung des Lehman Brothers Zertifikats mit der ISIN zum Nennwert von EUR 10.000,00 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziffer 1 genannten Zertifikats im Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 837,52 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.02.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der beklagten S. Schadensersatz wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten im Rahmen einer Anlageberatung über den Erwerb von Zertifikaten der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers.

Der Kläger ist pensionierter Lehrer. Er verfügt über eine gewisse Erfahrung im Bereich der Geldanlage, hat jedoch in der Vergangenheit – bis auf den Erwerb einer Anleihe der niederländischen R. und einer Weihnachtszinsanleihe der D. Bank – eine als konservativ zu bezeichnende Anlagestrategie verfolgt, d.h. er hat sein Geld überwiegend festverzinslich oder in Immobilienfonds angelegt. Daneben verfügt er über einige Aktien der D. AG. Ende 2006 wurde ein Betrag von EUR 40.000,00, den der Kläger zuvor festverzinslich angelegt hatte, zur Wiederanlage frei. Davon ließ der Kläger EUR 20.000,00 seinem Sohn zukommen und legte EUR 10.000,00 festverzinslich an. Für weitere EUR 10.000,00 zuzüglich eines Ausgabeaufschlags von EUR 100,00 erwarb der Kläger auf Empfehlung einer Kundenberaterin der Beklagten im Dezember 2006 Zertifikate der Investmentbank Lehman Brothers, die in Deutschland in größerem Umfang u.a. von der Beklagten vertrieben wurden.

Bei dem vom Kläger erworbenen Zertifikat handelt es sich um die so genannte „ProtectExpress“-Anleihe. Emittentin dieses Zertifikats ist die niederländische Lehman Brothers T. Co. B.V. mit Sitz in A.. Diese Gesellschaft ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Lehman Brothers U. H. (D.) Inc. Dieses Unternehmen wiederum befindet sich im 100%igen Anteilsbesitz der Muttergesellschaft des Lehman-Konzerns, der Lehman Brothers H. Inc., N.. Die Kreditwürdigkeit der Lehman Brothers H. Inc. wurde zum Emissionszeitpunkt des streitgegenständlichen Zertifikats im November 2006 von allen bekannten Rating-Agenturen als gut im Sinne einer hohen Bonität beurteilt (S. & P.: A+, M.: A1, F.: A+). Da die Emittentin, die Lehman Brothers T. Co. B.V., über kein eigenes Rating verfügte, übernahm die Lehman Brothers H. Inc. gegenüber allen Inhabern der Schuldverschreibung eine Garantie für die Rückzahlung der Anleihe.

Dem Erwerb des Wertpapiers durch den Kläger liegt ein Kaufvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten zugrunde. Die Beklagte hatte die streitgegenständliche ProtectExpress-Anleihe ihrerseits zuvor selbst von der Emittentin Lehman Brothers T. Co. B.V. gekauft, und über ihren Eigenbestand an den Kläger weiter veräußert. Sie hat dabei das wirtschaftliche Risiko der Platzierung der Anleihe sowie das Risiko eines Wertverlusts der Anleihe zwischen Ankauf und Weiterveräußerung übernommen. Das streitgegenständliche Zertifikat wurde – wie es bei variabel verzinslichen Anleihen und Zertifikaten die Regel ist – von der Emittentin im Einvernehmen mit der Beklagten strukturiert. Für den Fall, dass die Beklagte die von der Emittentin übernommenen Zertifikate nicht an ihre Kunden veräußern konnte, durfte sie das Zertifikat an die Emittentin zurückgeben und musste es nicht in den Eigenbestand nehmen. Der hierfür von der Emittentin zu zahlende Preis hätte jedoch einen Abschlag vom Einstandspreis der Beklagten enthalten.

Das streitgegenständliche Zertifikat, bei dem es sich rechtlich um eine Schuldverschreibung gemäß § 793 BGB handelt, funktioniert im Wesentlichen wie folgt:

Mit der Kapitalüberlassung wird am anfänglichen Bewertungsstichtag, das ist im vorliegenden Fall der 21.12.2006, der Stand des sog. „Lehman Brothers Deutschland Dividend Basket“ festgestellt. Hierbei handelt es sich um einen virtuellen Aktienkorb, der aus den 10 möglichst dividendenstärksten Titeln des DAX 30 Index besteht. Sollte der Aktienkorb am ersten Feststellungstag, das ist der 23.06.2008, auf mindestens 100% des Startwerts notieren, so wird ein Bonus von 10% gezahlt und der Anleger erhält sein Kapital ohne Ausgabeaufschlag sofort zurück. Sollte der Basket unter 100% notieren, so wird die Laufzeit zunächst bis zum zweiten Bewertungsstichtag, dem 21.12.2009, fortgesetzt. Sollte der Aktienkorb am zweiten Bewertungsstichtag auf mindestens 100% des Startwerts notieren, so wird ein Bonus von 20% gezahlt und der Anleger erhält sein Kapital ohne Ausgabeaufschlag zurück. Sollte der Basket unter 100% notieren, so wird die Laufzeit bis zum 28.06.2012, dem Endfälligkeitstag, fortgesetzt. Sollte der Aktienkorb nun zum Endfälligkeitsdatum auf über 100% des Ausgangsstandes notieren, so gilt Folgendes: Während der Gesamtlaufzeit wird der jeweilige Stand an 22 vierteljährlichen Beobachtungstagen ermittelt. Aus diesen 22 Ständen wird zum Endfälligkeitsdatum ein Durchschnitt ermittelt. Zum Endfälligkeitsdatum erhält der Anleger dann einen Bonus in Höhe der durchschnittlichen Wertentwicklung während der Laufzeit und sein Kapital zurück. Sollte der Stand am Endfälligkeitstag auf oder unter dem Anfangsstand stehen, so erhält der Anleger sein Kapital ohne Bonus zurück.

Im September 2008 musste zunächst die Lehman Brothers H. Inc. und in der Folge auch die Emittentin, die Lehman Brothers T. Co. B.V., Insolvenz anmelden. Infolge der Insolvenz von Lehman Brothers ist fraglich, ob der Kläger sein Kapital zurückerhalten wird. Der Kläger begehrt deshalb von der Beklagten Ersatz des ihm entstandenen Schadens, den er auf EUR 10.100,00 (eingesetztes Kapital und Ausgabeaufschlag) zuzüglich vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.150,49 beziffert.

Mit vorgerichtlichem Rechtsanwalts-Schreiben vom 12.10.2008 (Anlage K4) verlangte der Kläger von der Beklagten Rückzahlung des gezahlten Betrags von EUR 10.100,00 zuzüglich marktüblicher Verzinsung, Zug um Zug gegen Rückübertragung des Zertifikats. Mit Schreiben vom 24.10.2008 (Anlage K5) lehnte die Beklagte die Zahlung von Schadensersatz ab.

Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe gegen ihre Pflicht zur anleger- und objektgerechten Beratung verstoßen. Insbesondere sei kein Hinweis darauf erfolgt, dass er, der Kläger, das Risiko der Insolvenz der Emittentin der Schuldverschreibung trage. Ihm sei ein 100% sicheres Papier mit einer Kapitalgarantie versprochen worden. Auf die Sicherheit der Anlage sei es ihm auch in besonderer Weise angekommen. Auf seine Frage nach dem „worst case“ habe ihm die Kundenberaterin der Beklagten erklärt, dass er sein Geld nur dann nicht zurückerhalte, wenn der gesamte Finanzmarkt zusammenbräche.

Ein Verstoß gegen Aufklärungspflichten werde außerdem dadurch begründet, dass die Beklagte den Kläger nicht darüber aufgeklärt habe, dass die Lehman-Zertifikate – anders als die vorherige Anlage des Klägers – nicht dem Einlagensicherungssystem der Sparkassen unterfielen. Damit habe die Beklagte den Kläger aus einer gesicherten Anlage in eine ungesicherte Anlage „hineinberaten“.

Der Kläger ist des Weiteren der Ansicht, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Aufklärungspflicht der Bank über verdeckte Innenprovisionen (sog. „Kick Backs“) auf den vorliegenden Fall entsprechend anwendbar sei. Sinn und Zweck dieser Rechtsprechung sei es, den Anleger über ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des Beraters aufzuklären. Ein derartiges, zur Aufklärung verpflichtendes wirtschaftliches Eigeninteresse habe die Beklagte im vorliegenden Fall gehabt. Der Kläger behauptet in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte tatsächlich einen Kurs von 92 statt 100 gezahlt haben dürfte und demgemäß durch die Veräußerung an ihre Kunden (neben dem Ausgabeaufschlag) „schnelle weitere 8%“ verdient habe. Indem die Beklagte den Kläger nicht über diese Gewinnmarge aufgeklärt habe, die sie mit dem Verkauf der Lehman-Zertifikate erzielt habe, habe sie gegen ihre Aufklärungspflichten aus dem Beratungsvertrag mit dem Kläger verstoßen.

Der Kläger behauptet, dass er von dem Erwerb des streitgegenständlichen Zertifikats Abstand genommen hätte, wenn er über die vorgenannten Umstände aufgeklärt worden wäre.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 10.100,00 nebst Zinsen in Höhe von 4% p.a. vom 27.12.2006 bis zum 31.10.2008 und ab dem 01.11.2008 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, Zug um Zug gegen Übereignung des Lehman Brothers Zertifikats mit der ISIN zum Nennwert von EUR 10.000,00 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziffer 1 genannten Zertifikats im Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 1.150,49 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.02.2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie den Kläger anleger- und objektgerecht beraten habe.

Sie behauptet, dass es bei der Beklagten aufgrund früherer Anlagegeschäfte ein genaues Kundenprofil des Klägers gegeben habe, in dessen Rahmen die Anlageempfehlung für das streitgegenständliche Zertifikat erfolgt sei. Die Insolvenz von Lehman Brothers sei für die Beklagte und ihre Mitarbeiter in keinster Weise vorhersehbar gewesen. Auf das allgemeine Insolvenzrisiko des Emittenten einer Schuldverschreibung sei hingewiesen worden.

Eine Pflichtverletzung der Beklagten sei auch nicht deshalb gegeben, weil sie nicht über eine fehlende Einlagensicherung in Bezug auf das streitgegenständliche Zertifikat aufgeklärt habe. Für den Kläger sei – wie für jedermann – ohne weiteres erkennbar gewesen, dass eine ausländische Emittentin wie die Lehman Brothers T. Co. B.V. weder der Institutssicherung der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe noch dem Einlagensicherungsfonds deutscher (Privat-)Banken angehöre.

Die Beklagte ist des Weiteren der Ansicht, dass die „Kick-Back“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar sei, da es hier nicht um einen Fall der Zahlung einer festen Provision eines Dritten gehe, sondern um ein Erwerbsgeschäft, in dessen Rahmen von der Beklagten nicht verlangt werden könne, ihre Gewinnmarge offenzulegen.

Gegen eine Anwendung der „Kick-Back“-Rechtsprechung spreche außerdem die Wertung des § 31d Abs. 1 Nr. 2 WpHG bzw. von Art. 19 Abs. 1 der Finanzmarktrichtlinie MiFID, wonach die – aufsichtsrechtliche – Offenlegungspflicht explizit auf Dreieckskonstellationen beschränkt sei. Dies gelte wegen der generellen Ausstrahlungswirkung des Aufsichtsrechts auch für das Zivilrecht.

Selbst wenn man von einer Pflichtverletzung der Beklagten ausgehen sollte, treffe diese kein Verschulden, da es für sie zum Zeitpunkt der Beratung nicht vorhersehbar gewesen sei, dass die „Kick Back“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf Gewinnmargen angewendet werden könnte. Ebenso wenig sei bisher in der Rechtsprechung jemals die Ansicht vertreten worden, dass eine Aufklärung über eine fehlende Einlagensicherung ausländischer Emittenten zu erfolgen habe.

Zumindest sei aber die Pflichtverletzung nicht kausal für den Schaden des Klägers geworden, da dieser seine Anlageentscheidung nicht von der insoweit nicht eingreifenden Institutssicherung der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe und der Höhe der Gewinnmarge der Beklagten abhängig gemacht hätte.

Die fehlende Einlagensicherung habe keine Rolle gespielt, weil sich der Kläger deshalb für die ProtectExpress-Anleihe entschieden habe, weil diese eine attraktive Renditechance geboten habe, die aus damaliger Sicht in einem ausgewogenen Verhältnis zu den hiermit verbundenen Risiken gestanden habe.

Der Beklagte hätte seine Entscheidung auch nicht von der Höhe der Gewinnmarge der Beklagten abhängig gemacht. Er habe das streitgegenständliche Zertifikat zu einem Kurs von EUR 96,20 erworben. Die Gewinnmarge habe demnach 3,8% zuzüglich eines dem Kläger offen gelegten Ausgabeaufschlags von 1% betragen und sei damit weit niedriger, als der Kläger behaupte. Die Marge liege insbesondere unter der Marge, welche die Beklagte zum Emissionszeitpunkt mit einem langfristigen Sparprodukt (CreativSparen oder Exklusivsparen) verdient hätte und zudem unter der Marge für eine von der Beklagten selbst emittierte Inhaberschuldverschreibung mit fünfjähriger Laufzeit. Bereits dies zeige, dass der Kläger bei Aufklärung über die Marge nicht vom Erwerb des streitgegenständlichen Zertifikats Abstand genommen hätte.

Das Gericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung gemäß § 141 ZPO persönlich angehört. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.03.2009 Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird gemäß § 313 Abs. 2 ZPO auf die Schriftsätze der Parteien einschließlich der eingereichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist bis auf einen geringen Teil der begehrten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten begründet.

1.

Der Kläger hat vorliegend bereits auf Grund der unstreitigen Umstände einen Schadensersatzanspruch in tenorierter Höhe gegen die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten aus einem Beratungsvertrag. Die Beklagte verstieß gegen ihre Verpflichtung, zur Vermeidung von Interessenkonflikten den Kläger im Rahmen ihrer Beratung von sich aus darauf hinzuweisen, dass sie wegen des Vertriebs des streitgegenständlichen Zertifikats im Wege von Festpreisgeschäften eine Gewinnmarge erzielt und insoweit auch ein Absatzrisiko trägt. Damit entstand ein Interessenkonflikt zwischen der Beratung, die nach der schützenswerten Erwartung des Klägers ausschließlich und vollständig seinen Interessen zu dienen hatte, und den eigenen wirtschaftlichen Interessen der Beklagten. Eine Aufklärung des Klägers hierüber ist nicht erfolgt. Des Weiteren hat die Beklagte den Kläger pflichtwidrig nicht darauf hingewiesen, dass das streitgegenständliche Zertifikat als ausländisches Zertifikat nicht durch die Institutsgarantie der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe gesichert ist. Diese Unterlassung war schuldhaft und es gilt die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, wonach davon auszugehen ist, dass der Kläger in Kenntnis dieser Umstände von dem Erwerb des streitgegenständlichen Zertifikats Abstand genommen hätte.

a) Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Ein solcher Vertrag kann formlos, auch durch stillschweigende Willenserklärungen geschlossen werden (BGHZ 123, 126, 128 – „Bond I“; vgl. auch Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, 8. Aufl. 2006, Rn. 20). Vom Abschluss eines stillschweigend abgeschlossenen Beratungsvertrags ist auszugehen, wenn der Rat für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung ist, er ihn zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse machen will und der Auskunftsgeber über eine spezielle Sachkunde verfügt oder er ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt (Vortmann, a.a.O., Rn. 18; Siol, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2007, § 43 Rn. 6 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger hat nach dem Freiwerden eines Betrags von EUR 40.000,00 aus einer vorherigen Geldanlage die Beklagte um Rat bei der Wiederanlage des Geldes ersucht. Für die Beklagte war dabei erkennbar, dass diese Entscheidung bereits angesichts der Höhe des anzulegenden Geldbetrags für den Kläger von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung war, und sie verfügte als S. über die erforderliche Sachkunde.

b) Die Beklagte hat ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Aufklärung des Kunden aus dem konkludent geschlossenen Beratungsvertrag verletzt.

Aufgrund des Beratungsvertrags war die Beklagte zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet. Die Grundsätze der anleger- und objektgerechten Beratung gebieten, dass die Beratung speziell auf die Bedürfnisse, die Interessen, die Vermögensverhältnisse und das Anlageziel des Kunden zugeschnitten sein muss und sich insbesondere auf die Eigenschaften und Risiken der verschiedenen in Betracht kommenden Anlagen zu erstrecken hat (grundlegend: BGHZ 123, 126 – „Bond I“; vgl. auch MünchKomm.BGB-Emmerich, 5. Aufl. 2007, § 311 Rn. 155; Bamberger, in: Derleder/Knops/Bamberger, a.a.O., § 50 Rn. 21).

aa) Allerdings hat die Beklagte ihre Pflicht zur anlegergerechten Beratung nicht verletzt.

Die anlegergerechte Beratung bezieht sich auf die Person und insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse dessen, der die Beratung in Anspruch nimmt. Entscheidend für die Pflichten der Bank sind insoweit die Wünsche und Vorstellungen des Kunden und Beratungsempfängers, ferner sein Informationsstand und Erfahrungshorizont sowie seine objektiven wirtschaftlichen Interessen und seine finanzielle Situation. Wichtig hierfür ist die Einordnung des Kunden als in solchen Geschäften entweder unerfahrenen, „unprofessionellen“ Privatkunden oder als ausreichend erfahrenen, versierten und informierten professionellen Kunden (Bamberger, in: Derleder/Knops/Bamberger, a.a.O., § 50 Rn. 21 m.w.N.). Eine anlegergerechte Beratung setzt demnach voraus, dass die Bank den Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art, seine Risikobereitschaft und sein Anlageziel berücksichtigt. Nicht erforderlich ist es, dass der Anlageberater den Kunden ausdrücklich zu diesen Umständen befragt, wenn ihm die für eine anlegergerechte Beratung relevanten Umstände bereits bekannt sind.

Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte mit ihrer Empfehlung des Erwerbs der ProtectExpress-Anleihe dem Kläger zu etwas geraten hätte, das nicht zu seinem Anlegerprofil passt. Insbesondere spricht dafür, dass der Kläger in Form einer Anleihe der niederländischen R. bereits in vergleichbare Zertifikate investiert hat und dass von den hier zur Neuanlage freigewordenen EUR 40.000,00 nur EUR 10.000,00 in das Zertifikat investiert wurden, während der Kläger weitere EUR 10.000,00 festverzinslich angelegt hat und EUR 20.000,00 seinem Sohn zur Verfügung gestellt hat, er sein finanzielles Risiko also gestreut hat. Das empfohlene Produkt passt durchaus zum Kläger, denn es war – entgegen der von ihm vertretenen Ansicht – kein besonders riskantes Wertpapier. Es bot praktisch einen 100%igen Kapitalschutz mit der einzigen – hier allerdings eingetretenen – Ausnahme der – im Zeitpunkt der Anlageempfehlung als sehr unwahrscheinlich erscheinenden – Insolvenz von Lehman Brothers. Gleichzeitig mit dem hohen Kapitalschutz bot sich dem Anleger die Möglichkeit zu einer vergleichsweise hohen Rendite – eine entsprechende Entwicklung der Kapitalmärkte vorausgesetzt. Das streitgegenständliche Zertifikat hatte schließlich auch keine überlange Laufzeit, so dass es etwa wegen des Alters des Klägers nicht in Betracht gekommen wäre. Nach alledem durfte die Beklagte dem Kläger grundsätzlich den Kauf der ProtectExpress-Anleihe von Lehman Brothers empfehlen.

bb) Die Beklagte hat jedoch ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung verletzt.

Die objektgerechte Beratung bezieht sich auf die konkret gewünschte oder als möglich ins Auge gefasste Anlageform. Hier richten sich die Pflichten der Bank in erster Linie danach, welche Anlageobjekte gewollt und mit welchen Vermögensrisiken sie verbunden sind (Bamberger, in: Derleder/Knops/Bamberger, a.a.O., § 50 Rn. 21 m.w.N.). Eine objektgerechte Beratung erfordert demnach eine Aufklärung des Kunden über die allgemeinen Risiken (z.B. Konjunkturlage, Entwicklung des Kapitalmarkts) sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben (BGH, NJW 2006, 2041). Während eine Aufklärung über diese Umstände richtig und vollständig zu sein hat, muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Der Kunde trägt damit das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist (BGH, a.a.O.).

Gemessen an diesen Anforderungen ist der Beklagten ein Verstoß gegen die Grundsätze der objektgerechten Beratung vorzuwerfen.

(1) Allerdings hat es die Beklagte auch insoweit nicht versäumt, den Kläger über ein für sie zum Zeitpunkt der Beratung im Dezember 2006 erkennbares spezifisches Risiko einer Insolvenz von Lehman Brothers aufzuklären. Zum Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Anlageberatung im Dezember 2006 verfügte die Beklagte über keine spezifischen Hinweise auf Zahlungsschwierigkeiten oder gar eine bevorstehende Insolvenz von Lehman Brothers, die sie an ihre Kunden hätte weitergeben müssen (so auch Landgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 28.11.2008, Az. 2-19 O 62/08, ZIP 2009, S. 184). Dies macht inzwischen auch der Kläger nicht mehr geltend.

Zwischen den Parteien ist allerdings streitig, ob auch eine Aufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko erfolgt ist. Grundsätzlich trägt der Anleger beim Erwerb von Zertifikaten, die rechtlich als Inhaberschuldverschreibungen im Sinne der §§ 793 ff. BGB zu qualifizieren sind (Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, a.a.O., § 113 Rn. 56; Sagasser/Schlösser, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 26 Rn. 620; Podewils/Reisich, NJW 2009, S. 116, 117), neben den Risiken, die sich aus den dem Zertifikat zu Grunde liegenden Basiswerten ergeben, das Bonitätsrisiko des Emittenten. Hinweise auf das allgemein bestehende Emittentenrisiko finden sich sowohl in dem Produktflyer (Anlage K3) als auch in den „Basisinformationen Vermögensanlage in Wertpapieren“ der Beklagten (Anlage B60). Der Kläger bestreitet jedoch, derartige Informationen erhalten zu haben. Letztlich kann diese Frage aber dahinstehen, denn die Beklagte hat ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung bereits aus zwei anderen Gründen verletzt.

(2) Die Beklagte hat ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung dadurch verletzt, dass sie den Kläger nicht darüber aufgeklärt hat, dass das streitgegenständliche Zertifikat nicht von einem Einlagensicherungssystem, hier konkret von der Institutssicherung der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe, gedeckt ist und er somit von einer „gesicherten“ (Kassenobligationen und Inhaberschuldverschreibungen der Beklagten) in eine „ungesicherte“ (Lehman-Zertifikat) Anlage wechselt. Hierbei handelt es sich um einen jedenfalls für einen vergleichsweise unerfahrenen Anleger wie den Kläger für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstand. Dies wird im vorliegenden Fall speziell durch die Aussage des Klägers in seiner Anhörung belegt, dass er bei Kapitalanlagen stets nach dem „worst case“ frage und versuche, seine Entscheidung danach auszurichten. Die Aufklärung über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Sicherungseinrichtung für Einlagen ist auch eine objektiv gebotene Pflicht der Beklagten als Kreditinstitut. Für den Anleger macht es einen erheblichen Unterschied, ob ihm im Fall des finanziellen Zusammenbruchs des Emittenten eine – wie auch immer im Detail ausgestaltete – Sicherungseinrichtung zur Verfügung steht oder nicht. Dabei kann hier dahinstehen, ob – worauf die Beklagte hingewiesen hat – im Falle einer weltweiten Finanzkrise die Einlagensicherungssysteme nur durch massive staatliche Stützungsmaßnahmen erhalten bleiben können. Denn aus Sicht eines vernünftigen Anlegers bietet eine Anlage mit Einlagensicherung gleichwohl mehr Sicherheit als eine Anlage ohne ein derartiges Sicherungssystem (vgl. Bömcke/Weck, VuR 2009, S. 53, 56).

Ein Hinweis auf die fehlende Einlagensicherung wurde dem Kläger weder mündlich noch in dem Produktflyer der ProtectExpress-Anleihe (Anlage K3) erteilt. Die gebotene Aufklärung erfolgte auch nicht durch Überreichung der „Basisinformationen über die Vermögensanlage in Wertpapieren“ (Anlage B60). Diese Broschüre der Beklagten enthält gerade keinen expliziten und damit verständlichen Hinweis darauf, dass Zertifikate ausländischer Emittenten einem deutschen Einlagensicherungssystem nicht unterfallen. Soweit sich aus dem dort auf Seite 29 unter der Überschrift „Sicherheitsmerkmale verzinslicher Wertpapiere in Deutschland“ und der Unterüberschrift „Mündelsicherheit“ enthaltenen Hinweis, dass zu den mündelsicheren Wertpapieren „sonstige Schuldverschreibungen von Kreditinstituten, die einer für die Anlage ausreichenden Sicherungseinrichtung angehören“ gehören, der Schluss ziehen lässt, dass – anders als für Produkte deutscher Emittenten – für Produkte ausländischer Emittenten keine derartige Sicherungseinrichtung besteht, reicht dies für eine ordnungsgemäße Aufklärung nicht aus. Der Hinweis ist weder hinreichend deutlich, noch erwartet man an dieser Stelle der Broschüre im Abschnitt über die Sicherheit festverzinslicher Wertpapiere eine Aufklärung über die auch sonst nicht näher erklärten Systeme der Einlagensicherung. Unter der Überschrift „Emittenten/Schuldverschreibungen ausländischer Emittenten“ gibt es jedenfalls keinen entsprechenden Hinweis.

Eine Aufklärung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil dem Kläger klar sein musste, dass seine Anleihe nicht der Institutssicherung der Sparkassen-Finanzgruppe unterfällt. Dies ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten jedenfalls nicht aus dem Produktflyer (Anlage K3), in dem maßgeblich und ausschließlich auf den Aspekt der Bonität von Lehman Brothers abgestellt wurde. Der von der Beklagten hieraus gezogene Rückschluss, dass es eine Einlagensicherung nicht geben könne, ist nicht zulässig, weil auch ein Anleger, dessen Anlage einem derartigen Einlagensicherungssystem unterfällt, das Insolvenzrisiko des Emittenten trägt und deshalb hierüber aufzuklären ist. Er bekommt nur – möglicherweise aber nicht einmal vollständig – einen Ausgleich im Fall eines Totalverlusts. Die Übernahme eines Bonitätsrisikos des Emittenten ist somit zwangsläufige Voraussetzung eines Eingreifens der Institutssicherung. Ob diese besteht oder nicht, ist jedoch ein weiterer, für die Anlageentscheidung bedeutender Gesichtspunkt, über den die Bank ihren Kunden ausdrücklich aufzuklären hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein Kunde zuvor eine Anlage hatte, die von der Institutssicherung der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe gesichert war, und er in eine solche Anlage wechselt, die keine derartige Sicherheit bietet, etwa weil es sich um einen ausländischen Emittenten handelt. In diesem Fall ist der Grund für die Aufklärungsbedürftigkeit der Wegfall einer zuvor bestehenden zusätzlichen Sicherheit für den Erhalt des Kapitals.

Eine Aufklärung über die wegfallende Einlagensicherung war entgegen der Rechtsansicht der Beklagten auch nicht aus wettbewerbsrechtlichen Gründen unzulässig. Es stand hier kein werbliches Hervorheben bestimmter positiver Merkmale des eigenen Sicherungssystems und der hierunter fallenden Anlageprodukte in Rede, sondern es ging um die Aufklärung über relevante Eigenschaften der empfohlenen Anleihe im Rahmen der objektgerechten Beratung.

(3) Die Beklagte hat es zudem pflichtwidrig unterlassen, den Kläger über die zu erwartende Gewinnmarge aus dem Vertrieb des streitgegenständlichen Zertifikats und das mit dem Vertrieb im Wege eines Festpreisgeschäfts (Kaufvertrag) verbundene Platzierungsrisiko aufzuklären. Die Pflicht zur Aufklärung über den zu erwartenden Gewinn folgt aus einer entsprechenden Anwendung der sog. „Kick Back“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Nach dieser vom XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in drei Entscheidungen entwickelten Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 19.12.2000, XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235 = NJW 2001, 962 – „Kick Back I“; BGH, Urteil vom 19.12.2006, XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 = NJW 2007, 1876 – „Kick Back II“; BGH, Beschluss vom 20.01.2009, XI ZR 510/07, NJW 2009, 1416 – „Kick Back III“) besteht eine Pflicht der Bank zur Offenlegung von verdeckten Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und jährlichen Verwaltungsgebühren (sog. „Kick Backs“). Nach dieser Rechtsprechung ist die Aufklärung über die Rückvergütung notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) offenzulegen. Erst durch die Aufklärung werde der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Wenn eine Bank einem Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, seien die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es bestehe die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten (BGH, NJW 2007, 1876, 1878). Bei der Offenlegung von Rückvergütungen gehe es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen werde. Deshalb sei es geboten, den Kunden über etwaige Rückvergütungen aufzuklären und zwar unabhängig von der Rückvergütungshöhe (BGH, Beschluss vom 20.01.2009, XI ZR 510/07, NJW 2009, 1416, 1417).

Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Zwar geht es vorliegend nicht um die Zahlung einer bestimmten Provision durch einen Dritten. Sinn und Zweck der BGH-Rechtsprechung gebieten jedoch eine Ausdehnung der „Kick Back“-Rechtsprechung auf die Aufklärungspflicht einer Bank in Bezug auf eine Gewinnmarge beim Eigenvertrieb von Finanzmarktprodukten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs soll der Anleger über ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse seines Beraters aufgeklärt werden, um beurteilen zu können, ob die Beratung ausschließlich im Kundeninteresse passierte oder ob eigene Interessen des Beraters oder der Bank ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Dieser Gedanke passt auf die Aufklärungspflicht über die Höhe einer Marge in gleicher Weise wie hinsichtlich der Zahlung von Provisionen. Dass es hierbei nicht um eine Zuwendung von Dritten – wie bei der Zahlung verdeckter Innenprovisionen – geht, sondern nur eine Zweierbeziehung Bank-Kunde vorliegt, steht dem nicht entgegen, weil das Schutzbedürfnis des Kunden das gleiche ist und es wirtschaftlich keinen Unterschied macht, ob die Bank ein Papier schon erworben hat und mit Gewinn weiterveräußert, oder ob dieses erst noch bei einem Drittem zu erwerben ist und dann für die Bank eine Provision fällig wird. Würde man dies anders sehen, wäre eine Umgehung der Grundsätze aus der „Kick Back“-Rechtsprechung des BGH ganz einfach dadurch möglich, dass Provisionen als Margen ausgestaltet würden.

Verschärfend kommt vorliegend folgender Gedanke hinzu, der ebenfalls für eine Übertragung der „Kick Back“-Rechtsprechung auf die vorliegende Fallkonstellation spricht: Durch die gewählte Gestaltung der vollständigen Übernahme des Zertifikats durch die Beklagte und der Veräußerung im Festpreisgeschäft auf eigenes wirtschaftliches Risiko besteht in besonderer Weise ein wirtschaftliches Interesse der Beklagten und ihrer Mitarbeiter am Vertrieb gerade des streitgegenständlichen Zertifikats. Zwar durfte die Beklagte nicht verkaufte Zertifikate an die Emittentin zurückgeben und musste sie nicht in den Eigenbestand nehmen. Der hierfür von der Emittentin zu zahlende Preis enthielt jedoch einen Abschlag vom Einstandspreis der Beklagten. Dadurch bestand – unabhängig von der konkreten Größenordnung des möglichen Verlusts – ein Anreiz und ein damit korrespondierender Druck zum Absatz der Lehman-Zertifikate. Daran ändert sich – entgegen der Rechtsansicht der Beklagten – auch nichts dadurch, dass diese bei Eigenemissionen ein gleiches oder möglicherweise sogar noch größeres Platzierungsinteresse hat. Entscheidend ist, dass ein solcher Anreiz im vorliegenden Fall bestand. Hinsichtlich der – wie die Beklagte meint – jederzeitigen Wiederveräußerbarkeit über die Börse war zumindest unsicher, zu welchem Preis dies möglich sein würde. Der damit verbundene Interessenkonflikt der Beklagten begründet im Rahmen eines Beratungsgesprächs in besonderer Weise eine Pflicht zur Aufklärung, um so den Kunden in die Lage zu versetzen, das Umsatzinteresse der Bank einschätzen und beurteilen zu können, insbesondere, ob die Beklagte und ihre Berater das Zertifikat nur deshalb empfahlen, weil sie selbst daran verdienten bzw. im Fall des nicht vollständigen Abverkaufs mit einem Verlust hätten rechnen müssen (so auch der BGH, Beschluss vom 20.01.2009, XI ZR 510/07, NJW 2009, 1416, 1417 – „Kick Back III“).

Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten steht § 32d WpHG einer Übertragung der „Kick Back“-Rechtsprechung auf die Gewinnmarge nicht entgegen. Zwar ist eine derartige Aufklärungspflicht aufsichtsrechtlich nicht geregelt. Daraus kann jedoch nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass deshalb auch zivilrechtlich eine entsprechende Pflicht nicht besteht. Insoweit gilt nach der Rechtsprechung des BGH unabhängig vom Aufsichtsrecht eine allgemein anerkannte zivilrechtliche Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten (BGH, Beschluss vom 20.01.2009, XI ZR 510/07; Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Rechtsprechung mit der eine Vollharmonisierung anstrebenden Finanzmarktrichtlinie MiFID dagegen bei Mülbert, WM 2007, S. 1149, 1161 f.; Witte/Mehrbrey, ZIP 2009, S. 744, 748).

Auch ein etwaiges Geheimhaltungsinteresse der Bank an ihrer Gewinnmarge steht einer Aufklärungspflicht gegenüber dem Kläger nicht entgegen. Zwar ist der Beklagten durchaus zuzugeben, dass Gewinnmargen grundsätzlich zu den schutzwürdigen Geschäftsgeheimnissen von Wirtschaftsunternehmen gehören. Das kann für Banken jedoch nicht uneingeschränkt gelten. Insoweit ist zu differenzieren. Hat das Kundengespräch eindeutigen Verkaufscharakter, so dürfte keine Aufklärungspflicht bestehen, da die Bank insoweit ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse in Bezug auf ihre Marge wie jedes andere Unternehmen für sich reklamieren kann. Hat das Gespräch dagegen Beratungscharakter, ist die Bank zur Auskunft über ihre Marge und ein etwaiges Absatzrisiko verpflichtet, da der Kunde im Beratungsgespräch – anders als beim Verkaufsgespräch – zu Recht eine an seinen objektiven Interessen orientierte Beratung erwartet und deshalb wissen muss, wenn für bestimmte Empfehlungen ein wirtschaftliches Eigeninteresse der Bank maßgeblich war. Da hier zwischen den Parteien unstreitig ein Beratungsvertrag bestand, stehen die Geheimhaltungsinteressen der Beklagten einer Aufklärungspflicht über ihre Marge nicht entgegen.

c) Die Beklagte hat die vorgenannten Pflichtverletzungen im Sinne des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vertreten. Die Beklagte handelte schuldhaft, denn ihr musste die Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten und zur Mitteilung von zweckdienlichen Informationen gemäß § 32 WpHG bekannt gewesen sein. Danach konnte und musste ihr einfallen, dass sie den latenten Interessenkonflikt zwischen den eigenen Gewinnerzielungsinteressen auf der einen Seite und den Interessen des Kunden auf der anderen Seite am besten dadurch begegnet, dass sie dem Kläger ihre Gewinnmarge und das bestehende Absatzrisiko mitteilt, so dass dieser in die Lage versetzt wird, selbst zu beurteilen, ob die Beklagte ihm das Zertifikat in seinem Interesse oder aus dem eigenen Interesse an der Gewinnmarge empfiehlt. Gleiches gilt für die Nichtaufklärung über das Nichtbestehen einer Einlagensicherung.

Insoweit kann sich die Beklagte nicht auf einen Rechtsirrtum berufen. Dieser wäre jedenfalls nicht unvermeidlich gewesen. Das wäre jedoch erforderlich gewesen, denn eine Fahrlässigkeit der als Aufklärungspflichtige insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten würde nur dann entfallen, wenn der Rechtsirrtum unvermeidlich war (Ellenberger, in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 2. Aufl. 2009, Rn. 865 m.w.N.). Zwar ist ihr Einwand grundsätzlich richtig, dass sie zum Zeitpunkt des hier streitgegenständlichen Beratungsgesprächs im Dezember 2006 noch nicht wusste, dass ihr derartige Pflichten von der Rechtsprechung auferlegt werden könnten. Für das Erkennen einer solchen Pflicht war es aber bei Anwendung einer gehörigen Sorgfalt nicht erforderlich, dass diese in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits eine Erwähnung fand (vgl. Landgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 31.01.2008, Az. 2-04 O 388/06). Bei der im Bankverkehr gebotenen Sorgfalt hätte die Beklagte die mit dem Vertrieb der streitgegenständlichen Fondsbeteiligung befassten Anlageberater daher entsprechend instruieren oder auf andere Weise für eine Unterrichtung der Anleger sorgen müssen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.03.2009, Az. 17 U 149/07). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 20.01.2009, XI ZR 510/07, NJW 2009, 1416, 1417 – „Kick Back III“ – die Entscheidungserheblichkeit der Pflichtverletzung uneingeschränkt bejaht, obwohl in dem dort zu beurteilenden Fall die Fondsbeteiligung bereits im Mai 2001 und damit jedenfalls lange vor der „Kick Back II“-Entscheidung, in der erstmals die Pflicht zur Offenlegung verdeckter Innenprovisionen postuliert wurde, vermittelt worden war.

d) Dem Kläger ist ein ersatzfähiger Schaden entstanden. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Anleger, der auf Grund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, bereits durch deren Erwerb geschädigt (BGH, NJW 2005, 1579, 1580). Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrags verleitet wird, kann sogar bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden (§ 249 BGB) dadurch erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH, a.a.O.). Der Anleger ist bei der gebotenen wertenden Betrachtung vom Zeitpunkt des Erwerbs eines Wertpapiers an, das mit den von ihm verfolgten Anlagezielen nicht in Einklang steht, nicht nur einem erhöhten Risiko ausgesetzt, sondern bereits geschädigt (BGH, a.a.O.). Aus diesem Grund kommt es noch nicht einmal darauf an, dass es wegen der Insolvenz der Emittentin Lehman Brothers T. Co. B.V. und der Garantiegeberin Lehman Brothers H. Inc. sehr unwahrscheinlich ist, dass der Kläger das investierte Kapital in Höhe von EUR 10.000,00 zuzüglich eines Ausgabeaufschlags von EUR 100,00 bei Fälligkeit zurückerhalten wird, was zwischen den Parteien im Übrigen unstreitig ist. Der Kläger hat damit unabhängig von der Höhe einer etwaigen Insolvenzquote einen Schaden in Höhe von EUR 10.100,00 erlitten.

e) Steht – wie hier – eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, das heißt, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die unterlassene Aufklärung bezüglich der fehlenden Einlagensicherung und die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (zu Letzterem ausdrücklich BGH, Urteil vom 12.05.2009, Az. XI ZR 586/07, zitiert nach der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 13.05.2009; zuvor bereits OLG Stuttgart, Urteil vom 03.03.2009, Az. 17 U 149/07; vgl. auch Ellenberger, in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 2. Aufl. 2009, Rn. 863 unter Berufung u.a. auf die „Kick Back II“-Entscheidung, in der sich jedoch keine expliziten Ausführungen zur Kausalität befinden; Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 121).

Diese neueste Rechtsprechung zur Kausalität beim Verschweigen von Rückvergütungen, der das erkennende Gericht im Ergebnis folgt, ist auch auf den Fall der pflichtwidrigen Nichtaufklärung über eine Gewinnmarge zu übertragen (so bereits Landgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 31.01.2008, Az. 2-04 O 388/06, allerdings nur für den Fall, dass eine Gewinnmarge durch die beklagte Bank – anders als im vorliegenden Fall – nicht offen gelegt wurde), denn in Bezug auf das Verhältnis zwischen Bank und Bankkunde liegt insoweit eine identische Interessenlage vor. Gleiches gilt im Ergebnis auch für die Pflicht zur Aufklärung über die fehlende Einlagensicherung. Zum Zweck einer Aufklärungspflicht gehört unter anderem, dem Berechtigten von vornherein die Möglichkeit zu geben, sich aufgrund der Aufklärung entscheiden zu können, und ihm damit eine später auftretende Beweisnot, wie er sich bei gehöriger Aufklärung verhalten hätte, zu ersparen. Dem Ersatzberechtigten wäre wenig damit gedient, wenn er seinen Vertragspartner zwar an sich aus schuldhafter Verletzung einer solchen Hinweispflicht in Anspruch nehmen könnte, er aber regelmäßig daran scheitern würde, dass er den meist schwer zu führenden Beweis nicht erbringen könnte, wie er auf den Hinweis reagiert hätte, wenn er gegeben worden wäre. Der Aufklärungspflichtige dagegen hätte nicht viel zu befürchten, wenn er bei Verletzung seiner Hinweispflicht sich darauf zurückziehen dürfte, dass kaum zu beweisen sei, was der andere Teil auf den Hinweis getan hätte. Damit würde der mit der Aufklärungspflicht verfolgte Schutzzweck verfehlt (vgl. bereits Landgericht Frankfurt a.M., a.a.O.).

Die Rechtsprechung, wonach es bei der Beweislast für den Ersatzberechtigten bleibt, weil eine ordnungsgemäße Aufklärung mangels einer einzigen Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens nur zu einem Entscheidungskonflikt für ihn geführt hätte (in diese Richtung jüngst wieder in einem Fall zur Steuerberaterhaftung BGH, Urteil vom 05.02.2009, IX ZR 6/06) steht dem nicht entgegen. Denn während es in den typischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterhaftungs-Fällen, zu denen die Rechtsprechung die genannte Einschränkung der grundsätzlich auch dort geltenden Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens entwickelt hat, regelmäßig um die Frage geht, ob der Ersatzberechtigte eine bestimmte Maßnahme (z.B. die Vornahme einer Investition mit dem Ziel der Steuerersparnis) überhaupt ergriffen hätte und die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens deshalb nicht greifen kann, wenn es wegen verschiedener sinnvoller Handlungsmöglichkeiten ein aufklärungsrichtiges Verhalten gar nicht gibt, geht es vorliegend um die Frage, ob ein Bankkunde, dem bestimmte, von der Rechtsprechung als für seine Anlageentscheidung als relevant angesehene Informationen nicht erteilt wurden, von dieser Anlage bei gehöriger Aufklärung abgesehen hätte. Auch wenn es insoweit verschiedene vernünftige Anlagealternativen gegeben hätte, so haben diese doch alle gemeinsam, dass es sich hierbei nicht um die tatsächlich gewählte, mit einem Aufklärungsmangel behaftete Anlage handelt. Deshalb ist es richtig, zunächst eine Vermutung zu begründen, wonach der Ersatzberechtigte, dem relevante Informationen verschwiegen wurden, Abstand von der gewählten Anlage genommen hätte und in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die aufklärungspflichtige Bank Umstände darlegen kann, die es als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Kunde die Anlage gleichwohl gewählt hätte.

Die Beklagte hat die danach gegen sie sprechende Vermutung nicht widerlegen können. Zwar hat sie eine Vielzahl von Umständen vorgetragen, die durchaus für sich genommen den Schluss zuließen, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung gleichwohl das streitgegenständliche Zertifikat erworben hätte. Dazu gehört etwa, dass das Insolvenzrisiko von Lehman Brothers im Dezember 2006 rein theoretischer Natur war, dass der Kläger bereits früher eine Anlage in Form eines Zertifikats der niederländischen R. erworben hat und dass die von der Beklagten erzielte Gewinnmarge nicht höher als bei vergleichbaren alternativen Produkten wie dem Creativ- oder Exklusivsparen war.

Jedoch hat auch der Kläger Umstände dargelegt, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass er bei richtiger Aufklärung vom Erwerb des streitgegenständlichen Zertifikats Abstand genommen hätte. Insbesondere hat der Kläger in seiner persönlichen Anhörung durch das Gericht plausibel und überzeugend dargelegt, dass er das Zertifikat nicht erworben hätte, wenn er gewusst hätte, dass er das Insolvenzrisiko von Lehman Brothers trage, dass er aus der Einlagensicherung herausfalle und dass die Beklagte einen „exorbitant hohen Gewinn“ erzielen würde. Zwar geht das Gericht – wie oben ausgeführt – nur hinsichtlich der beiden letzten Punkte von einer Pflichtverletzung der Beklagten aus, zudem stellt sich der Gewinn – insoweit die Richtigkeit des Beklagtenvortrags unterstellt – mit 3,8% (mit Ausgabeaufschlag 4,8%) nicht als exorbitant hoch dar. Die Nichtaufklärung über die Gewinnmarge und das Herausfallen aus der Institutssicherung der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe sind nach Ansicht des Gerichts in einer Gesamtschau aber gleichwohl ausreichende Gründe, die es plausibel erscheinen lassen, dass der Kläger bereits bei insoweit vollständiger Aufklärung das Zertifikat nicht erworben hätte. Hinsichtlich der Gewinnmarge folgt dies insbesondere auch aus dem Empfehlungsanreiz, den die Mitarbeiter der Beklagten – zumindest aus der relevanten Sicht des Klägers zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung – wegen des übernommenen Absatzrisikos haben mussten. Hier erscheint es dem Gericht als wahrscheinlich, dass der Kläger die Empfehlung der Beklagten zumindest stark hinterfragt hätte. Die von der Beklagten behauptete Gewinnmarge von 3,8% erscheint zwar nicht als außergewöhnlich hoch. Insbesondere liegt sie deutlich unter der Vorstellung des Klägers, der von ca. 8% Margengewinn ausgeht. Auch eine Marge von 3,8% ist für eine Anlageentscheidung aber nicht irrelevant. Das zeigt sich schon an der Kick Back III-Entscheidung des BGH, wonach die Bank über Rückvergütungen unabhängig von der Rückvergütungshöhe aufklären muss (BGH, Beschluss vom 20.01.2009, XI ZR 510/07, NJW 2009, 1416, 1417). Das Gericht glaubt außerdem dem Kläger, soweit dieser in seiner persönlichen Anhörung ausgesagt hat, er sei davon ausgegangen, dass die Beklagte ihr Geld mit Zinsgewinnen und Bankgebühren und nicht mit derartigen Gewinnmargen verdiene.

Kommt dazu noch die fehlende Aufklärung über die nicht vorhandene Institutssicherung der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe, so erscheint es dem Gericht als durchaus möglich, dass der Kläger das Zertifikat tatsächlich nicht erworben hätte, weil er ein anderes Produkt mit einem aus seiner Sicht weniger schlimmen „worst case“ bevorzugt hätte. Dies hat der Kläger in seiner Anhörung – wie ausgeführt – überzeugend dargelegt. Die Beklagte kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass dem Kläger im Fall des von ihm als „worst case“ akzeptierten Zusammenbruchs des Weltfinanzsystems auch eine Einlagensicherung nicht geholfen hätte bzw. deren Leistungsfähigkeit von Stützungsmaßnahmen des Staates abhängig gewesen wäre. Denn nach der Vorstellung eines durchschnittlich verständigen Anlegers musste eine Anlage, für die es eine Instituts- oder Einlagensicherung gibt, gegenüber nicht gesicherten Produkten zumindest sicherer – wenn vielleicht möglicherweise auch nicht hinreichend sicher – erscheinen. Ansonsten wären derartige Sicherungssysteme überflüssig. Zudem ist zu beachten, dass die Aufklärungspflichten von Banken nicht nur für Fälle weltweiter Finanzkrisen gelten.

Ob jede nicht erteilte Information für sich alleine dazu geführt hätte, dass sich der Kläger für eine andere Anlage entschieden hätte, brauchte das Gericht hier nicht zu entscheiden.

2.

Die Feststellung des Annahmeverzugs folgt aus § 293 BGB. Der Kläger hat der Beklagten die Rückgabe des streitgegenständlichen Zertifikats mit Schreiben vom 12.10.2008 (Anlage K4) wörtlich im Sinne des § 295 BGB angeboten.

3.

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten stehen dem Kläger im tenorierten Umfang als Teil des zugesprochenen Schadensersatzes gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu. Der Höhe nach kann hier nur eine 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG zugesprochen werden. Die Rechtssache hat keinen überdurchschnittlichen Umfang und weist keine im Vergleich mit anderen Rechtsstreitigkeiten besonderen Schwierigkeiten auf, so dass eine höhere Gebühr als die Mittelgebühr nicht gerechtfertigt ist. Zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwehrsteuer stehen dem Kläger somit EUR 837,52 zu. Hinsichtlich des weitergehenden Anspruchs auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten ist die Klage abzuweisen.

4.

Die Zinsentscheidung folgt hinsichtlich der bis zum 31.10.2008 begehrten Zinsen aus § 280 Abs. 1 BGB und für die ab dem 01.11.2008 begehrten Zinsen aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 10.100,00 festgesetzt. Für den Antrag aus der Klagschrift zu Ziffer 2 auf Feststellung des Annahmeverzugs wurde kein gesonderter Wert festgesetzt, da dieser Anspruch mit dem Anspruch zu Ziff. 1) wirtschaftlich identisch ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 3 Rn. 16 Stichwort Annahmeverzug).

Dieser Beitrag wurde unter Anlagerecht abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.